Gary Hill
Child’s Play, 2011 • TONSPUR 48
CHILD’S PLAY [KINDERSPIEL]
Eine Gruppe von Kindern, die nicht zu sehen, nur über die acht in der TONSPUR_passage installierten Lautsprecher zu hören sind, führt zeitgenössische Formen von Grotesken vor, tauscht rhetorische Fragen, Wortspiele und Redensarten aus, anscheinend nur in der Absicht zu plänkeln. Das Durchgehen lässt sich als eine von einer spöttischen Gruppe ausgedachte Initiation, als ‚rite de passage‘ verstehen. Durch die aus verschiedenen Richtungen kommenden Kinderstimmen ist es kaum möglich, dem Eindruck zu entkommen, man selbst sei das Thema der Unterhaltung. Die Passanten spüren die Absicht, Kontakt aufzunehmen, vielleicht auch zu stören, zu irritieren, aufzurütteln oder gar Licht in ihr vorbeiziehendes Dasein zu bringen … oder wollen wir nur in der Nacht vorüberziehende Schiffe sein?
Gary Hill, November 2011
TEXT
Gary Hill – lesen
BIOGRAPHIE
Gary Hill, geboren 1951 in Santa Monica, Kalifornien, lebt und arbeitet in Seattle, Washington.
garyhill.com
TONSPUR 48
Kein Philosoph, aber eine der geistvollsten, einflußreichsten und dazu betörendsten „Stimmen“ der Gegenwartskunst gestaltet die TONSPUR 48 für einen öffentlichen raum, und ist selbst nicht zu „hören“. Der US-amerikanische Künstler Gary Hill [*1951, Santa Monica, Kalifornien) läßt sechs Kinder im Alter zwischen 7 und 12 Jahren sprechen, was er in den Wochen seiner Artist-in-Residence im quartier21 im MQ Wien zu Papier gebracht hat. Die Montage der Sprachaufnahmen seines achtteiligen Manuskripts zu „Child’s Play“ (Kinderspiel) läßt die TONSPUR_passage zur Bühne für Worte, Stimmen und Laute werden, verwandelt sie in einen immaginären Kommunikationsraum, erweitert sie zu einem Ort des Sprach- und Gedankenspiels und transformiert sie zu einem Denkraum mittels (versteckter) Botschaften von vermeintlicher Wichtigkeit und geheimnisvoller Bedeutung. Den aufmerksamen Passanten, Flaneur, Streuner (ent)läßt Gary Hill von diesem, seinem „Spielplatz“ im Schwebezustand zwischen Diesseits und Jenseits, und der Jahreszeit geschuldet wohl frierend, von dannen ziehen. Nicht mehr und nicht weniger vermag ein Ausnahme-Bildkünstler (auch) ohne Bilder zu bewirken. Und es war wunderbar mitzuerleben wie gewissenhaft sich der große Künstler Gary Hill, dessen Werk in vielen Gedächtnissen dauerhaft eingebrannt ist, und das an den prominentesten Adressen weltweit zu sehen war und ist, einem Ort des Übergangs, des Vorbeigehens, des Ein- und gleich wieder Auftauchens gewidmet hat. Freude zu bekunden ist eine Möglichkeit des Danks für eine wunderbare neue Arbeit. Ihr gebührend Aufmerksamkeit zu schenken und sie als etwas Bedeutsames und Bewegendes an- und mitzunehmen, wohin auch immer, wäre ungleich mehr. Das Schiff zieht weiter bei Tag! Danke Gary, danke Fred, und danke Maurice Blanchot. >>> Gary Hill’s Werke und Schriften sind eindrucksvoll dokumentiert im Band „An Art of Limina“ [ersch. bei Polígrafa]. [g.w.]
Georg Weckwerth, November 2011
Eröffnung: So 27.11.11, 17h
Einleitende Worte:
Georg Weckwerth [Künstlerischer Leiter TONSPUR]
Angela Stief [Kunsthalle Wien] – lesen
TONSPUR 48
- Gary Hill [USA]*
- Child’s Play, 2011
- 8-Kanal-Klangarbeit
- Länge 8.13 min
- Originaltext: Gary Hill
- Stimmen: Clara Amanda Campman, Yamna Krasny, Hannah
- Scheucher, Yaron Schuh, Yona Schuh, Caspar Quint White
- Ein besonderer Dank des Künstler geht an: Sweetext
- *33. TONSPUR-Artist-in-Residence im quartier21/MQ
- 28.11.11–15.02.12
- MuseumsQuartier Wien
- TONSPUR_passage [zwischen MQ Hof 7 und 8]
- Täglich 10–20h