Arye Wachsmuth & Simon Wachsmuth
Playing Lueger, 2025 • TONSPUR 95
Playing Lueger

Playing Lueger
2025
© Bildrecht, Wien 2025
2025 • Stereomix
Playing Lueger
Wenn ein Objekt akustisch aktiviert wird – wie klingt es? Was kommt als Echo zurück? Eröffnen Klang und Resonanz einen Dialog zwischen Skulptur und Umgebung? Diesen Fragen widmet sich Playing Lueger.
Denkmäler sind Teil unseres Alltags, Orte des Gedenkens, der Erinnerung, des Protests. Sie speichern Geschichte und übertragen sie an kommende Generationen. Doch wie wir sie heute wahrnehmen, interpretieren und bewerten, liegt in unserer Verantwortung.
Der Philosoph Henri Lefebvre sah im Denkmal ein dialektisches Objekt – zugleich kollektiver Speicher und Träger ideologischer Bedeutungen. Das Denkmal des antisemitischen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt wird in unserer Arbeit zum Ausgangspunkt über Erinnerung und Verantwortung zu sprechen – und darüber, wie kulturelles Erbe neu ‚gehört‘ werden kann.
Wir verwandeln das Denkmal in ein Instrument. Mit speziell entwickelten Schlegeln schlagen wir auf die Bronzeskulptur – ähnlich wie auf ein Schlaginstrument. In dieser Geste liegt eine doppelte Bedeutung: Sie ist mit Gewalt assoziiert, zugleich aber Voraussetzung für Klang, Schwingung und Hören. Glocke oder Gong sind Instrumente, die sowohl Signal- als auch Meditationsfunktion haben. So reflektiert Playing Lueger das Spannungsfeld zwischen Zerstörung und Erneuerung, zwischen physischer Handlung und symbolischem Klang. Das Geräusch wird zur Metapher gesellschaftlicher Resonanz – für Rede und Gegenrede, Frage und Antwort.
Die akustische Aktivierung bildet den Ausgangspunkt einer Klanginstallation im öffentlichen Raum und öffnet zugleich ein weiteres Kapitel: die Wiener Musikgeschichte. Während Mahler und Schönberg neue Ausdrucksformen suchten, prägte Luegers populistische und antisemitische Politik das kulturelle Klima der Stadt.
Eine zentrale Figur dieser Epoche war Elsa Bienenfeld – Musikwissenschaftlerin, Kritikerin, Pionierin der Neuen Musik. Sie stand für Offenheit und Erneuerung in einer Zeit, in der Antisemitismus die Avantgarde bekämpfte. 1942 wurde sie im Vernichtungslager Maly Trostinec ermordet – ihr letzter Wohnort, eine Sammelwohnung für Juden, lag nur wenige Meter vom Dr.-Karl-Lueger-Platz entfernt.
Ein Zitat Bienenfelds ist in das Klangstück integriert. Es thematisiert das Verhältnis von Tradition und Erneuerung – ein poetischer Aufruf zu Differenzierung statt Ausgrenzung.
Playing Lueger transformiert das Denkmal – Symbol einer belasteten Vergangenheit – in eine klangliche, offene Struktur. Das Monument wird zum Resonanzkörper, der Geschichte hörbar macht, und fragt: Wie gehen wir heute mit den Echoes unserer eigenen Vergangenheit um?
Arye Wachsmuth, geboren 1962 in Hamburg, Deutschland, lebt und arbeitet in Wien.
Simon Wachsmuth, geboren am 1964 in Hamburg, lebt und arbeitet in Berlin, Deutschland.
Link: TONSPUR_display 14 • Playing Lueger/Aktion




TONSPUR 95
Arye Wachsmuth & Simon Wachsmuth
Playing Lueger
8-Kanal-Klangarbeit, 7-teilige A1-Bildstrecke
Länge / duration 17:41“
Konzept, Tonaufnahmen, Komposition, A1-Bildstrecke
Installationseinrichtung Peter Szely
Produktion TONSPUR Kunstverein Wien
künstlerische Leitung Georg Weckwerth
besonderer Dank Johanna Zechner, Historikerin und Kuratorin am Volkskundemuseum Wien.
Eröffnung So 12.10.2025, 17:00 Uhr
Einleitende Worte: Johanna Zechner, Historikerin und Kuratorin am Volkskundemuseum Wien
TONSPUR_passage | Micro Museum for Sound
13.10.–29.10.2025
täglich 10–20 h • 20:00 min
und
TONSPUR_display
Showroom TONSPUR Kunstverein Wien
13.10.25–4.2.26
täglich 10–20h







