Class Susan Philipsz

Day In Day Out, 2024 • TONSPUR_collaboration

Day In Day Out

Panorama Frank Paul

Day In Day Out ist eine Reflexion über das Vergehen von Zeit, die
speziell für die TONSPUR_passage in Wien entwickelt wurde.

Die Tage der Woche sind Ausgangspunkt und strukturierendes
Element für das Projekt. Sie sind ein Maß für die Zeit und ihr
Vergehen. Wir zählen die Tage, bis wir uns wiedersehen. Wir lesen
die Tageszeitung. Jeder Tag ist anders, morgen ist ein neuer
Tag. Die Bedeutungen und Etymologien der Wochentage leiten
sich von den Namen der klassischen Planeten ab, die ihrerseits
nach antiken Gottheiten benannt sind. Wir alle verbinden auch
persönlichere Assoziationen mit jedem einzelnen Tag. Inspiriert
von diesen vielfältigen Bedeutungen und Assoziationen haben
die Studierenden eigene Audioarbeiten entwickelt und so
konzipiert, dass sie im einzigartigen Kontext der TONSPUR_
passage inmitten des Museumsquartiers beiläufig erlebt
werden können.

Die Teilnehmenden sind Studierende der Klasse ‚Art in
Context‘ der Hochschule für Bildende Künste Dresden und eine
ehemalige Studentin des Royal Institute of Art Stockholm.

Lina Backer, Haffsa Amina Codraro, Luca Diebold, Oleh
Dmytruk/Iryna Fingerova, Franz Eggerichs, Romeo de Gonzalo,
Li Kirnbauer, Patryk Kujawa, Richard Laber, Claus Lam, Ludmilla
Martin-Nafti, Isabell Alexandra Meldner, Alisa Omelianceva, Linh
Phan, Sandro Prodanovic, Alban Rosenberger/Elena Mücke, Ivy
Tanit, Joline Uvman, Alexander Wolframm

Joline Uvman (*1992, SE), Day In Day Out, 05:00 min
Day in Day out ist eine für eine Passage konzipierte Mehrkanal-Soundarbeit.
Durch die mit einem Echo versehene zählende Stimme wird das Gefühl
vergehender Zeit auch körperlich spürbar. Die Arbeit verweist auf die große
Anzahl an Passant*innen vor Ort, die ihrerseits das Werk mitbestimmen. So
entsteht eine bewegliche und zugleich statische Form, die die Routinen des
Alltagslebens konturiert.
(Montag – Sonntag)

Alisa Omelianceva (*1997, RU), I have no dreams on Monday
(00:06 Montag; 02:28 Dienstag; 05:00 Mittwoch;
04:36 Donnerstag; 04:16 Feitag; 04:07 Samstag; 04:39 Sonntag)
Täglich wird ein Traumprotokoll abgespielt – außer am Montag, an dem kein
Traum erinnert wurde.
(Montag – Sonntag)

Haffsa Amina Codraro (*1990, IT), Shift,
01:05 Montag; 00:55 Dienstag; 00:53 Mittwoch; 01:14 Donnerstag; 00:53 Freitag; 00:46
Samstag)
Im 19. und 20. Jahrhundert ertönten an Werktagen Fabrikpfeifen zu Anfang
und zu Ende jeder Arbeitsschicht. Jeden Tag hörten die Arbeitenden an ihnen
verlässlich, wann ihre Arbeit begann und wann sie endete.
Am Sonntag gemahnte das Schweigen der Pfeifen an den Wochenrhythmus.
Die Arbeitenden genossen den einen Tag, an dem durch Ruhe Freizeit
angezeigt wurde. (mit Hayat Tifaoui, Bernd Rottländer, Samir Sayed Abdellatef,
Giacomo Celotto, Sandro Prodanovic)
(Montag – Samstag)

Linh Phan (*2003, FR), Quatre euros et trente centimes, 03:25 min
Die Beschreibung eines normalen französischen Schulessens samt
Atmosphäre. Angerichtet in einer Mittelschule zur Mittagspause.
(Montag – Freitag)

Sandro Prodanovic (*1997, US), 1420, 03:30 min
Ein Mensch mit durchschnittlicher Lebenserwartung erlebt insgesamt
ungefähr 4.000 Montage. Obwohl der Montag im Wochenzyklus immer an
derselben Stelle kommt, wird jeder einzelne Montag anders erlebt, was Zeit
und Gefühlslage betrifft. Ich für meinen Teil habe bisher 1.420 Montage erlebt.
(Montag)

Oleh Dmytruk (1989, UA) and Iryna Fingerova (1993, UA), They Call It Stormy _ Odesa Days, 09:20 min
Die Arbeit besteht aus Textfragmenten der Schriftstellerin Iryna Fingerova, die
ihre täglichen Erlebnisse im Zuge eines, eine Woche dauernden Aufenthalts
in ihrer Heimatstadt inmitten des russischen Angriffskriegs festhalten. Sie
spielen auf verschiedene Arten mit einer Textzeile aus einem Bluesklassiker
von T-Bone Walker zusammen.
Stimme: Anastasiia Vetriak
(Montag)

Monday

Lina Backer (*2000, DE), www, 03:28 min
Warum weine ich, wenn ich Zwiebeln schneide, aber nicht, wenn ich Nachrichten schaue? Dienstag ist der Tag des Kriegsgottes Mars und erinnert
jede Woche daran, dass sich auf der Welt Tragödien ereignen, während wir
unserem Alltag nachgehen.
(Dienstag)

Tuesday

Alexander Wolframm (*2001, DE), 28.02.24, 02:22 min
Scarlett Johanssons Stimme resümiert einen Mittwoch in meinem Leben, der
einzig aus Daten von meinem Smartphone rekonstruiert wird.
(Mittwoch)

Romeo de Gonzalo (*2004, ES), Desbordado, 03:00 min
InsInspiriert vom griechischen Gott Hermes fordert diese Arbeit das Publikum zur Kritik am Zustand der Kommunikation von heute auf. Künstlich und exzessiv, wie sie ist, verwirrt sie, ermüdet und begleitet sie uns zugleich. Das Getöse eines Wasserfalls und Fernsehrauschen verbinden und verwischen sich mit jedem Schritt.
(Mittwoch)

Wednesday

Alban Rosenberger (1994, DE) and Elena Mücke (1998, Hamburg, DE), Windplay, 30:50 min
A Ein Gewitter ist ein komplexes meteorologisches Phänomen, das mit
elektrischen Entladungen in der Luft einhergeht (Blitz und Donner). Als
Ursachen gilt einerseits der durch Hitze erzeugte aufsteigende Wasserdampf,
andererseits die Macht von Thor, Donar oder Jupiter. Wir Menschen erleben
das Gewitter als Heulen und Rumoren und als die Energie, die von den Blitzen
freigesetzt wird.
(Donnerstag)

Thursday

Li Kirnbauer (*2001, DE), Baby, 03:35 min
Diese Soundarbeit verarbeitet zwei simultane Ereignisse – das Lachen einer
Frau und das Weinen eines Babys. In der nördlichen Mythologie gilt Frigg als
Göttin der verheirateten Frauen, der Fruchtbarkeit und als Schutzpatronin der
Ehe sowie Gottmutter. Sie steht für Schwangerschaft, Geburt, Mutterschaft
und häusliches Glück. Dementsprechend kann sie mit der römischen Göttin
Venus verglichen werden. Ihr südgermanischer Name ist Frija und gibt dem
Freitag seinen Namen.
(Freitag)

Richard Laber (*1996, DE), I didn’t go out on friday but I’m still depressed on sunday, 07:40 min
Im Markusevangelium steht die Geschichte der Kreuzigung Christi. Am Freitag wurde er hingerichtet und lud damit die Schuld aller Menschen auf sich, die nicht bereuen.
In der Genesis werden Adam und Eva aus dem Garten Eden verstoßen, weil sie die Ursünde begehen. Dadurch wurde die Menschheit, um zu überleben, zu ewiger Arbeit verdammt.
Wir vermögen uns bis heute nicht von diesem Zustand zu befreien. Während
die Großkonzerne in schrankenlosem Überfluss schwelgen, ist die Ekstase
keine Freude mehr, sondern eine Notwendigkeit. Und so geht es weiter im
Teufelskreis.
(Freitag)

Friday

Patryk Kujawa (*1991, PL), 7 / 8, 78 seconds
Hier gibt es sieben Wochentage und acht Sprechende. Am achten Tag der
Woche zähle ich die Organe eines Körpers und phantasiere über Zeiteinheiten.
(Samstag)

Franz Eggerichs (*1994, DE), Voyage to Saturn, 01:30 min
Als die berühmten NASA-Raumsonden Voyager 1 und 2 den Planeten Saturn
passierten, gelang es, umfangreiche Daten über diesen Himmelskörper zu
sammeln. Radioteleskope auf der Erde fingen diese Daten als akustische
Signale auf. Dadurch, dass die Daten zu Klängen wurden, konnte man erstmals den Sound von Saturn hören.
Die Soundarbeit präsentiert diesen kosmischen Kommunikationsprozess,
der den einmaligen Klang jenes Planeten, der dem Samstag den Namen gibt,
enthüllt.
(Samstag)

Isabell Alexandra Meldner (*1995, DE), I’m sorry, I’m late (I got lost along the way)., 09:30min
e Messung der Zeit in digitale Abstände ist ein modernes Konstrukt, das
unsere Zeitauffassung stark beeinflusst. Die Tageszeit reguliert die Abläufe
ganzer Gesellschaften, besonders seit der Erfindung mechanischer Uhren.
Davor hatte man sich an jedem Ort seine eigene Zeit gegeben. Erst später
wurde die Zeit globalisiert, alle Uhren nach einer gemeinsamen Universalzeit
gestellt, und die Welt in Zeitzonen eingeteilt. Davor wurde eine Sekunde in
Bezug auf den mittleren Sonnentag, also auf die Erddrehung gemessen.
Jedes Jahr wurde eine weitere Sekunde aufgeschlagen, denn die Erde dreht
sich nicht so regelmäßig, wie sich ein Atom spalten lässt.
(Samstag)

Saturday

Luca Diebold (*1997, DE), Es war schön, 02:38 min
Das Lied ist ein kritischer und persönlicher Kommentar aufs Aufwachsen im
Bürgertum.
(Sonntag)

Ivy Tanit, (*1994, DE), I am time, 1:54 min
Ein Mantra zum Widerspruch zwischen Tun und Ruhen.
(Sonntag)

Ludmilla Martin-Nafti (*2002, FR), the first, 03:08 min
Übersetzen heißt nicht nur, etwas von Sprache zu Sprache zu übertragen. Es
heißt, etwas von einer Kultur in eine andere Kultur zu übertragen, von denen
beide eigene Einstellungen, Überzeugungen und Weltanschauungen besitzen.
Namen sind nicht bloß Namen, sie erzählen immer auch Geschichten. Die
Geschichten derjenigen, die durch Klangerzeugung Ideen schufen, um damit
Klängen, die wir heute tagtäglich als Wörter verwenden, Bedeutung zu geben.
(Sonntag)
(Sunday)

Claus Lam (*1992, DE), Seek the Sun/SOHO/MDI, 06:29 min
In Klänge verwandelte Daten des SOHO-Sonnenobservatoriums werden mit
Aufnahmen der Berliner Philharmoniker, die Arnold Schönbergs Gurrelieder
aufführen, kontrastiert und bilden eine dynamische Klanglandschaft.
Schönbergs tonales Chorwerk „Seht die Sonne, farbenfroh am Himmelssaum!“ besteht aus wiederkehrenden Brummgeräuschen zur Darstellung der Plasmakonvektion in der Sonne. Das Werk untersucht Themen wie Schönheit, Energie und Bedrohung, die von der Sonne und ihren kulturellen und technischen Darstellungen ausgehen.
(Sonntag)

Sunday

Photos Frank Paul

Day In Day Out

Lina Backer *2000, DE • Haffsa Amina Codraro *1990, IT • Luca Diebold *1997, DE • Oleh Dmytruk/Iryna Fingerova *1989, UA/*1993, UA • Franz Eggerichs*1994, DE • Romeo de Gonzalo *2004, ES • Li Kirnbauer *2001, DE • Patryk Kujawa *1991, PL • Richard Laber *1996, DE • Claus Lam *1992, DE • Ludmilla Martin-Nafti *2002, FR • Isabell Alexandra Meldner *1995, DE • Alisa Omelianceva *1997, RU • Linh Phan *2003, FR • Sandro Prodanovic *1997, US • Alban Rosenberger/Elena Mücke *1994, DE/*1998, DE • Ivy Tanit *1994, DE • Alexander Wolframm *2001, DE and Joline Uvman *1992, SE

TONSPUR_passage | Micro Museum for Sound • MQ Wien

28. Oktober 2024—22. Februar 2025
täglich 10–20 Uhr

In Kooperation mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden